Im Frühjahr 2024 ergab sich die faszinierende Möglichkeit, den Burgstall „Egelsburg“ – ein zwischen Hillohe und Deuerling (Lkr. Regensburg) gelegenes und in der einheimischen Bevölkerung kaum bekanntes, aber außerordentlich interessantes, mittelalterliches Geländedenkmal – mit modernsten 3D-Dokumentationstechnologien im aktuellen Zustand zu dokumentieren.
“Making of” Egelsburg 3D. Werfen Sie bitte einen Blick in dieses Video, das verschiedene Prozessierungs-Schritte im Rahmen der 3D-Digitalisierung “ins Bild” setzt.
Um diese Möglichkeit zu realisieren, baten der Deuerlinger Bürgermeister Eichhammer und der sehr engagierte Ortsheimatpfleger Wolfram Hiebsch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BlfD) um Unterstützung.
Auf Grund des oberflächennah anstehenden Felsens und der massiven Schuttflächen erwiesen sich allerdings geophysikalische – gewissermaßen „in den Boden blickende“ – Methoden wie Magnetik und Radar hier als nicht zielführend einsetzbar. Stattdessen entstand die Idee, einen möglichst hochauflösenden 3D-Geländescan zu realisieren, um diese spannende Anlage besser verstehen zu können. Als Spezialist für derartige archäologische 3D-Dokumentationen konnte die ArcTron 3D GmbH gewonnen werden. Nach einer umfassenden Mäh- und Reinigungsaktion durch den Bauhof im März 2024, wurde durch die Kombination aus 3D-Laserscanning und luftgestützter Drohnen-Photogrammetrie ein hochauflösendes 3D-Modell generiert.
Luftgestützte, interaktive 360-Panoramen der Egelsburg. Klicken Sie bitte auf die verschiedenen Panorama-Positionen, um sich ein umfassendes Bild des Burgstalls und der Umgebung zu machen.
Das Geländedenkmal der „Egelsburg“ zeigt sich bereits relativ deutlich in den sogenannten „Airborne Laserscans“, die in Bayern im Auftrag der Behörden für Geoinformation (LDBV) seit den frühen 2000er Jahren im Rahmen von industriellen Messflügen flächenhaft durchgeführt werden und mittlerweile z.B. im Bayern Atlas aber auch in Messdaten mit 1m-Auflösung kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.
Übersichts-Luftbild (ArcTron 3D, März 2024). Der Burgstall liegt direkt südlich der beiden Sportplätze in der Mitte des Bildausschnittes.
Durch die lasergestützte Vermessung ist es möglich, die Vegetation, insbesondere den Wald aus den Messdaten auszufiltern und die darunter verborgenen oberflächlich erhaltenen Strukturen, darunter besonders oberflächig erhaltene Wall-Graben-Strukturen etc. sichtbar zu machen.
Allerdings sind diese Daten hinsichtlich der Auflösung limitiert.
Interaktives 3D-Modell der Egelsburg bei Hillohe (ArcTron 3D | 2024). Sie können das 3D-Modell interaktiv mit der Maus bewegen, zoomen und die Animation stoppen. Die 3D-Daten beruhen auf luftgestützten Geoinformationsdaten (LDBV) und den 3D-Scans der ArcTron 3D GmbH im Rahmen dieses Projektes.
“Egelsburg 3D”. Einige Impressionen und Screenshots aus den Datenverarbeitungsprozessen.
Im Rahmen des Verarbeitungsprozesses wird aus den erfassten Laserscans und Luftaufnahmen jeweils ein 3D-Modell generiert. Im Anschluss werden die Modelle aus den verschiedenen Messverfahren fusioniert, korrigiert, texturiert und exportiert.
Für die interaktive Darstellung, z.B. auf dieser Webseite, wurden die Modelle zusätzlich reduziert und optimiert.
“Egelsburg 3D”. Interaktives 3D-Modell – beruhend auf der fusionierten Datenauswertung von terrestrischen 3D-Laserscans und der Drohnen-Photogrammetrie. Erkunden Sie selbst den Burgstall in 3D. Sie können das 3D-Modell interaktiv mit der Maus bewegen, zoomen und die Animation stoppen.
Unser besonderer Dank für die Hilfe bei der Erstellung und für die Redaktion der nachfolgenden Inhalte gilt dem Archäologen und Burgenforscher Dr. Andreas Boos (Historisches Museum Regensburg), der sich unter anderem mit diversen Begehungen und Fachartikeln mit der Egelsburg beschäftigt hat.
Östlich der Verbindungsstraße zwischen Deuerling und Hillohe (Lkr . Regensburg) liegt die Flur „Egelsburg”. Der auffällige Flurname leitet sich von einer Befestigung ab, die die Kuppe eines markanten Kalkfelsens am Steilhang über der Schwarzen Laber einnimmt. Der hier schroff abfallende, spektakuläre Felsen war bestens als Platz für eine Wehranlage geeignet.
Zungenförmig schiebt sich das Gelände von der Albhochfläche nach Norden zum tief eingeschnittenen Flußtal vor. Das Gelände bedurfte nur an der südlichen Seite eines künstlichen Schutzes.
Die Reste einer kleinen mittelalterlichen Befestigung zeigen sich in Form von Wällen und Gräben. Da obertägig kein aufgehendes Mauerwerk mehr zu sehen ist, zählt man die Egelsburg im Gegensatz zu Burgruinen zu den „Geländedenkmälern“. Als vollständig verfallene oder abgetragene Burg des Mittelalters wird die Anlage der Kategorie der „Burgställe ” zugerechnet.
Wegen seiner Beschränkung auf die Felskuppe ist der Burgstall verhältnismäßig kleinräumig. Ein Graben-Wall-System trennt den Platz vom Hinterland ab. Der nur 22 m lange zungenförmige Kernbereich wird auf Höhe seiner maximalen Breite von ca. 14 m durch einen leicht gebogenen Abschnittsgraben begrenzt. Er ist an seiner Innenseite gut 2 m tief aus dem anstehenden Kalkgestein ausgebrochen worden und weist eine bis zu 5 m breite unebene Sohle auf.
Dem Graben vorgelagert ist ein fast gerader, rund 30 m langer und etwa 2 m hoher Wall, den nach außen ein seichter Spitzgraben schützt. Dieser Wall setzt im Osten ein Stück vor der Hangkante aus und lässt so einen Zugang zum Burgareal offen.
Als letzter Abschluss der Fortifikationen folgt ein beidseitig an den Steilhang geführter, bogenförmig umlaufender Außenwall von etwa 1,5 m Höhe. Lediglich an seinem östlichen Ende begleitet ihn ein vorgelagerter flacher Graben, der in den Hang mündet.
Von der einstigen Innenbebauung zeugt eine mit einer dichten Grasschicht bewachsene, steilwandige Mulde von etwa 4-5 m Durchmesser und 1,5 m Tiefe im Kernbereich nahe dem innersten Graben. Die Bedeutung dieser künstlichen Eintiefung ist ohne Ausgrabungen nicht zu klären. Für ein aufgrund von Steinraub ausgehobenes Turmfundament erscheinen die Ausmaße wohl etwas zu gering. Als Interpretation ist abgesehen von einem kleinen eingetieften Raum auch eine Zisterne denkbar.
Der Burgstall “Egelsburg” als Airborne Laserscan mit Kennzeichnung wesentlicher Elemente (Süden zeigt nach oben links).
etwa 22 m langer Kernbereich
1. Wall | innerer Wall
2. Wall | äußerer Wall
Mulde etwa 4-5m Durchmesser
Vorauszusetzen ist jedenfalls die einstige Existenz von Bauwerken im eng bemessenen Burgareal, wie auch ein baulicher Abschluss am Rand des inneren Grabens bestanden haben muss. Dafür kommt eine freistehende Mauer oder auch eine Außenwand eines festen Gebäudes in Frage.
Dies bestätigen kleine Bruchsteine und harte Mörtelbrocken, die bei einer Schürfung von privater Hand am inneren Rand des Abschnittsgrabens unterhalb der Südwest-Ecke des Kernbereichs zutage traten und Mauerversturz darstellen dürften.
Über den Aufbau der beiden vorgelagerten Wälle lassen sich aktuell keine weitergehenden Aussagen treffen, doch deuten kleine Schürfstellen am Wallfuß wiederum über Bruchsteine und Mörtelbröckchen zumindest beim inneren Wall auf eine Bekrönung durch eine Mauer.
Der Zugang in den Kernbereich der Burg dürfte von der Ostseite her erfolgt sein, denn der innere Wall läuft hier aus, ohne zur Hangkante umzubiegen, und der Außenwall weist an dieser Stelle eine deutliche Einsattelung auf.
Die Befestigung gehört dem Typ der sogenannten „ebenerdigen Ansitze” an. Diese Geländedenkmäler umschreiben geringflächige mittelalterliche Befestigungen, die im Gegensatz zu den Turmhügeln, d.h. Standorten einstiger Turmburgen, keine künstliche Erhöhungen des Burgareals aufweisen. Die graben- oder wallgrabengeschützten „ebenerdigen Ansitze” finden sich in der Regel an Steilhängen und Bergspornen, wo man wegen der topographischen Vorzüge auf die Aufschüttung eines Hügels verzichten konnte. „Ebenerdig” sind also nur die Innenflächen dieser Kleinburgen im Vergleich zu den auf künstliche Kegel gesetzten Türmen („Motten“). Die mittelalterliche Einordnung solcher Befestigungen, die sich schon durch ihre geringen Innenflächen von vorgeschichtlichen Wallanlagen unterscheiden, ist unumstritten. In der Regel geht man von einer Existenz jener Wehrbauten im Hochmittelalter aus und denkt an die Ausbildung dieses Befestigungstyps im 11. Jahrhundert.
Angesichts der historischen Identifikation (siehe unten) ist für die Egelsburg eine nur kurzfristige Existenz im 11. und 12. Jh. wahrscheinlich zu machen. Damit gehört sie zu den ganz wenigen Anlagen, die nicht später verändert und überbaut wurden. Auch erfuhr die gewissermaßen altmodische Wall-Graben-Staffelung ihres wehrhaften Sitzes keinen Ausbau mit einem tiefen Halsgraben, wie spätestens um 1200 für Burgen im Regensburger Umland allgemein üblich ist.
Damit ist die Egelsburg für weitere Forschungen und besonders für eine Forschungsgrabung, die sich speziell diesen frühen hochmittelalterlichen Burgställen widmet, von besonderem Interesse.
Die bisher bei weitem umfangreichsten Forschungen zur Egelsburg sind dem Prähistoriker und Burgenforscher Dr. Andreas Boos (Historisches Museum Regensburg) zu verdanken. In einem wegweisenden Artikel zur historischen Identifikation der Egelsburg als hochmittelalterlichen Sitz der Herren von Steinerbrückl weist Andreas Boos nach, dass sich der heutige Name der 1147 “Stein” (Fels, Burg) genannten “Egelsburg” von dem über mindestens drei Generationen nachweisbaren Leitnamen Egilolf des zugehörigen Adelsgeschlechts ableitet.
Erstmals wurde ein “Eglolf de Steininbruch” (=Steinerbrückl) 1085/88 erwähnt. Im Herkunftsnamen führte er den Ort an der Steinbrücke, die direkt unterhalb der Burg Stein (Egelsburg) die Schwarze Laber überquerte. Seine drei Söhne Egilolf, Ekbert und Ulrich traten im 2. Viertel des 12. Jahrhunderts in Erscheinung und benannten sich abwechselnd nach Steinerbrückl und nach Stein. Ein letzter “Egilolf de Staine” kommt noch mehrmals urkundlich bis um 1180 vor. Mit ihm dürfte das Geschlecht erloschen sein. Am Fuß des Burgfelsens im Weiler Steinerbrückl gab es also bereits im 11. Jahrhundert eine für die damalige Zeit ungewöhnliche Steinbrücke, von der allerdings heute keine mittelalterlichen Überreste mehr erhalten sind. Die dortige Ansiedlung erscheint beispielsweise in einer Traditionsnotiz des Klosters Prüfening im Jahr 1256 als “Steinprouk”.
Diese steinerne Brücke hing mit einer durch das Labertal führenden Fernstraße von Regensburg nach Franken zusammen. Während die ursprüngliche Königsstraße bis ins 11. Jahrhundert (dokumentiert durch Königsaufenthalte 1025 und 1034 in Beratzhausen und 1007 in See, Lkr. Neumarkt) größtenteils auf den Anhöhen nördlich bzw. östlich der Schwarzen Laber verlief und das Labertal erst weiter flussaufwärts in Beratzhausen endgültig querte, führte eine jüngere Trassierung schon bei Steinerbrückl über die Schwarze Laber und weiter auf die Albhochfläche über Hohenschambach und Hemau, wo Kaiser Friedrich I. auf seiner Reise von Regensburg nach Frankfurt 1166 urkundete. Schon mehrere Jahrzehnte davor ermöglichte die Steinbrücke eine gerade Straßenführung von Steinerbrückl über eine Anhöhe und quer durch das Tal des Bachmühlbachs hin zu einem auf die Hochfläche führenden Geländeeinschnitt, den noch die ehemalige Bundesstraße 8 Richtung Nürnberg zum Anstieg nutzt.
Die auf einem markanten Kalkfelsen über der Schwarzen Laber errichtete Burg Stein kontrollierte das Tal mit der Steinbrücke und eine von dort nach Westen auf eine Anhöhe ziehende Straße, die unmittelbar an der Befestigung vorbeiführte. Die Trasse an der Laberbrücke wurde also durch die Herren von Steinerbrückl mit der Burg Stein gesichert, nach der sich Familienmitglieder nachweislich seit den 30er Jahren des 12. Jahrhunderts benannten.
Rekonstruktion des ehemaligen Altstraßenverlaufs von der Steinbrücke über die Egelsburg weiter Richtung Nordwesten auf der Grundlage der ältesten Flurkarte von ca. 1832 (nach Andreas Boos)
Offenbar behielt die Straßenführung über Steinerbrückl und an der Egelsburg vorbei ihre Bedeutung noch über die Bestandszeit der Burg Stein hinaus, obwohl die Laberüberquerung im benachbarten Deuerling nachfolgend dazu in Konkurrenz trat. Aber noch Bildkarten von 1561 und 1597 zeigen die Straßenführungen über Steinerbrückl und Deuerling gleichzeitig. Die Herren von Steinerbrückl bzw. von Stein erscheinen jedoch schon Ende des 12. Jahrhunderts nicht mehr in der historischen Überlieferung.
Literaturhinweise:
Andreas Boos, Der Burgstall “Egelsburg” bei Deuerling, hochmittelalterlicher Sitz der Herren von Steinerbrückl. Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 134, 1994, 19-30.
Andreas Boos, Burgen im Süden der Oberpfalz. Die früh- und hochmittelalterlichen Befestigungen des Regensburger Umlandes. Regensburger Studien und Quellen zur Kulturgeschichte 5 (Regensburg 1998) 134-138; siehe auch ebd. 54f.; 80.