Goldhut

von Ezelsdorf/Buch

“Making-of” des Ezelsdorfer Goldut in 3D! Werfen Sie einen Blick in dieses herausragende HighTech-Digitalisierungprojekt.  

VORBEMERKUNG

Der Goldhut von Ezelsdorf/Buch ist ein herausragendes Artefakt aus der Bronzezeit. Er wurde 1953 in Bayern entdeckt und ist einer von nur vier kegelförmigen Hüten aus Gold  dieser Epoche. Der Hut ist etwa 88,5 cm hoch, hat einen Bodendurchmesser von knapp 20cm an der breitesten Stelle und besteht aus dünnem Goldblech, das kunstvoll mit konzentrischen Mustern von Kreisen, Punkten und Linien in Form von Ornamentbändern und Punzstempeln verziert ist.

Die Verzierungen des Goldhutes haben möglicherweise astronomische Bedeutung. Die kreisförmigen Motive werden als Symbole für die Sonne gedeutet, die eine zentrale Rolle in der Religion der Bronzezeit spielte.

Die genaue Bedeutung der Objekte ist allerdings nicht ganz einfach zu klären. Es wird angenommen, dass es sich um “Hüte” handelt, die von Priestern als Symbole von Macht und Wissen für religiöse und zeremonielle Zwecke getragen wurden.

Heute ist der Goldhut von Ezelsdorf/Buch im Germanischen Nationalmuseum (GNM) in Nürnberg ausgestellt und bietet einen faszinierenden Einblick in die handwerklichen Fähigkeiten und das kulturelle Wissen der bronzezeitlichen Menschen.

AUFGABENSTELLUNG

Die Aufgabenstellung für dieses Projekt war, das Original-Objekt im GNM zunächst in höchstmöglichen Auflösungen und Genauigkeiten zu digitalisieren. Abgeleitet von den Oberflächen-Scans war aus diesen Daten für Blinde und Sehbehinderte eine Goldhut-Replik als weißes Tastmodell in Originalgröße herzustellen.  Außerdem wurden vier Punzmotive als vergrößerte und überhöhte, intuitiv tastbare 3D-Ornamentbänder  produziert.

Das mittels 3D-Druck hergestellte Replikat ist aktuell Teil der Sonderausstellung des GNM “Die letzte Fahrt – Das Wagengrab von Essenbach – Ein Schatz der Bronzezeit” (Juli 2024 bis Januar 2025).

Die Umsetzung erfolgte in 4 Phasen: 3D-Digitalisierung des Originals, Erstellung eines farb- und maßstabgetreuen 3D-Modells, die Produktion im 3D-Druck sowie die multimediale Aufbereitung der Daten.

Ein Blick ins “Innenleben” des 3D-gedruckten und für Blinde und Sehbehinderten tastbaren Ezelsdorfer Goldhutes.

Fotos Verus Digital: Hans-Joachim Brucherseifer.

 3D-DIGITALISIERUNG – PERFEKTION IN 1,5 MILLIARDEN PUNKTEN

Im ersten Schritt wurden die 3D-Oberflächendaten des Originals im GNM erfasst. Dafür konnte unser Partner Verus Digital, eine Ausgründung des Fraunhofer Instituts (igd), ins Boot geholt werden, deren weltweit führendes, in den letzten 7 Jahren entwickeltes roboter- und photogrammetrie-  gestütztes 3D-Digitalisierungssystem (CultArm3D DT10) die anspruchsvolle, hochreflektive Oberfläche mit einer Auflösung von bis zu 15 Mikrometer (0,015mm) in Geometrie und Textur erfasste. 

Die “digitale Konservierung” in höchster Qualität stellt auf diese Weise sicher, dass dieses herausragende archäologische Artefakt für zukünftige Generationen geschützt bleibt und ermöglicht gleichzeitig neue, spannende Erlebnisse durch digitale Plattformen, Augmented oder Virtual Reality und den 3D-Druck.

Aufgrund der Oberflächenkomplexität, der Empfindlichkeit und des Wertes des Objekts wurden spezielle Einstellungen angewendet, um höchste Sorgfalt und Genauigkeit zu gewährleisten. Alle Bedenken der Kuratoren hinsichtlich des extrem hochwertigen Objekts konnten durch eine praktische Demonstration der im CultArm3D-System implementierten Schutzmechanismen und Sicherheitsalgorithmen ausgeräumt werden. Nachdem der goldene Hut sorgfältig auf den Drehteller gelegt wurde, bestimmte der CultArm3D zuverlässig und autonom die Größe und Form und erfasste den optimalen Datensatz für das endgültige 3D-Modell. 

Als Ergebnis lieferte das System ein perfektes dreidimensionales Bild, das die feinsten Details der gesamten Oberfläche dieses einzigartigen Kulturguts bewahrte. Der automatisierte 3D-Digitalisierungsprozess erzeugte verschiedene Ergebnisse, um unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden:

• Punktwolke

Punktwolke mit über 1,5 Milliarden Punkten mit einer durchschnittlichen Auflösung von 15 Mikrometern, wodurch sichergestellt wurde, dass jedes Detail erhalten blieb.

• 3D-Modell

Ein hochdetailliertes Modell mit 100 Millionen Polygonen und 32.000 Farbtexturen, das eine außergewöhnlich realistische Darstellung ermöglicht

• webfähiges 3D-Modell

Ein optimiertes Modell für nahtlose Online-Präsentationen und Augmented-Reality-Erlebnisse, das die Goldhütte einem weltweiten Publikum zugänglich macht.

 

DATENAUFBEREITUNG UND 3D-DRUCK

Das immense Datenvolumen der digitalen Außenhaut wurde anschließend von den 3D-Spezialisten der ArcTron 3D GmbH entsprechend aufbereitet und ein maßstabgerechtes 3D-Modell erstellt.

Tastmodell in der Ausstellung. Fotos  Germanisches Nationalmuseum: Felix Röser.

Bei der Vorbereitung für den 3D-Druck lag der Schwerpunkt besonders auf Auflösung und Stabilität. Um das relativ flache Relief besser zu ertasten, wurde die Oberfläche mit einer hausinternen Programmierung um den Faktor 1,5 überhöht. Die Innenwände wurden digital verstärkt und ein hoch strapazierfähiges und für hohe Auflösung geeignetes Kunststoffmaterial für den 3D-Druck gewählt. Ein robustes Stecksystem garantierte das nahtlose und einfache Zusammenführen der Einzelteile. Über drei Gewindemuttern, die im Boden der Tastreplik eingelassen wurden, konnte die Replik mittels Gewindeschrauben auf dem Ausstellungsmöbel fixiert werden.

Vier Ornamentbänder mit den Motiven der Buckelscheiben, Ellipsen, Goldhüte und  der Speichenräder wurden rekonstruiert, spezifisch  herausgearbeitet und als Taststreifen 3D-gedruckt. Weiterhin wurden im Rahmen der nachgeschalteten 3D-Datenprozessierung optimierte 3D-Modelle des Goldhutes für die interaktive Webdarstellung (Sketchfab) erzeugt. Einblicke in den Produktionsablauf liefert unser kurzes “Making-of” Video.

Planen Sie doch einen Ausstellungsrundgang im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg und legen selbst Hand an. Das Original ist dort natürlich ebenfalls zu sehen.

Sketchfab 3D-Viewer

Anpassbarer Online-3D-Viewer, entwickelt von Verus Digital