3D-Replik

Kämpfende Ritter

Kämpfende Ritter auf der Heldburg

Projekthintergrund

Zwischen Frühling und Herbst 2022 durften wir ein besonderes Projekt im Auftrag und in Kooperation mit dem Deutschen Burgenmuseum auf der Veste Heldburg im Süden Thüringens umsetzen.

Das war auch deshalb ein besonderes Erlebnis, da wir für die Ausstellung „Mythos Burg“ des Germanischen Nationalmuseums 2010 bereits ein 3D-Modell der Veste realisieren durften.

Physisches 3D-Modell der Veste Heldburg

Eines der Highlights im Deutschen Burgenmuseum auf der Heldburg sind die „Kämpfenden Ritter“. Da die bisherige „Kämpfergruppe“ in Originalrüstungen jedoch wieder an die ausleihenden Museen zurückgegeben wird, sollte ein ähnliches Replikat erstellt werden.

SURVEYING

Vor dem Abbau und Transport der Leihgabe, wurde noch die bisherige Gruppe in ihrer Kampfeshaltung vermessen, um später die identische Position der Kämpfenden nachvollziehen zu können.

Um diese Kampfpose mit einer geeigneten Ritterrüstung darzustellen, musste einer der, auf der Heldburg verfügbaren, originalen Plattenharnische aus dem 16. Jh. gescannt, digital nachgebaut und physisch repliziert werden. Als Grundlage diente hier eine Rüstung, die bereits in ihre Bestandteile zerlegt war und in einer Vitrine präsentiert wurde.

Die Komponenten wurden nun nacheinander photogrammetrisch aufgenommen und zusätzlich mit einem handgeführten Strukturlichtscanner (Artec EVA) mit Genauigkeiten bis zu 0,1mm vermessen.

Eine besondere Herausforderung stellten dabei die polierten und stark reflektierenden Metalloberflächen dar, welche ganz ohne weitere Vorbehandlung (etwa durch Laserscanning-Sprays) digitalisiert werden mussten.
In einem mehrwöchigen Prozess wurden sowohl das ursprüngliche Gesamtmodell der beiden kämpfenden Ritter als auch alle Einzelteile zu 3D-Modellen verarbeitet.

Aufgrund der bereits erwähnten spiegelnden Oberflächen und der geringen Dicke der Harnisch-Bleche, waren bereits im Vorfeld gewisse Datenlücken absehbar und nicht zu verhindern.

3D-Modellierung

Daher wurden alle Einzelteile, basierend auf den 3D-Modellen aus der Vermessung, so nachmodelliert, dass sie später den Anforderungen des 3D-Druckers gerecht wurden. Neben einer notwendigen Wandstärke von etwa 1,7mm, bedeutete dies auch ein sehr hoher Detailgrad. So besitzt beispielsweise der nachmodellierte Helm über 13 Millionen Polygone.

Da die ursprüngliche Kampfszene aus zwei Rittern bestand, jedoch nur eine Rüstung digitalisiert wurde, wurden alle zwanzig Einzelteile in zweifacher Ausführung modelliert. Jedes Paar weist kleine Unterschiede auf, sodass es nie zwei identische Teile gibt.

Damit die Rüstungen nach der Produktion auch stabil zusammengebaut werden können, wurde eine sogenannte „Gliederpuppe“ konzipiert und ebenfalls druckbereit modelliert. Das Modell besteht aus zusammensteckbaren Stangen und Gelenken, die später im Inneren ein unauffälliges Gerüst bilden. Um Produktionskosten beim 3D-Druck zu sparen, wurden lediglich die maßgefertigten Gelenke gedruckt. Für die verbindenden Stangen konnten vorgefertigte und passend zugeschnittene Rohre verwendet werden.

Produktion

Die einzelnen Rüstungsteile wurden in hoher Bauteilqualität bei unserem langjährigen industriellen Partner der FIT AG (Lupburg, Bayern)  mit selektivem Lasersintern (SLS) in 3D gedruckt. Die Oberflächen wurden anschließend glasperlengestrahlt und im finalen Schritt mit einem 100µm Nickel-Metallüberzug (Metal Coating) versehen, der Galvanisierung. Die Teile haben nun bereits eine metallisch aussehende Oberfläche und sind bereit für die individuelle Bemalung.

Bemalung

Jedes Einzelteil wurde von einer erfahrenden Kunstmalerin in einem mehrstufigen Kolorierungsprozess von einem einfarbigen Objekt in ein realistisches Unikat verwandelt.

Zunächst wurde in drei Lackierungsschichten eine Grundierung erzeugt, welche den Metalleffekt verstärkt und die Grundlage für die individuelle Bemalung schafft. Im zweiten Schritt fanden ebenfalls drei Beschichtungen, diesmal mit Patina-Lasuren, statt, um Schattierungen, Verschmutzungen und Rost darzustellen.

Zusätzlich zu den metallischen Elementen wurde dem Hellebardenstiel ein Holz-ähnliches Erscheinungsbild verliehen und die, eigentlich starren, Lederriemen in ein überzeugendes Lederimitat verwandelt.

Aufbau

Nachdem alle Teile bemalt und komplett getrocknet waren, wurden sie nach und nach auf dem Gerüst der Gliederpuppe befestigt, bis schließlich eine authentische Ritterrüstung entstand
Zum Schluss wurden die beiden Ritterrüstungen an ihren neuen Ausstellungsort im Museum der Heldburg transportiert und dort in ihren entsprechenden Positionen aufgebaut.

Wo im Frühjahr noch die ausgeliehenen Ritterrüstungen der anderen Museen ausgestellt waren, steht nun ein knappes halbes Jahr später ein überzeugend echtes Replikat der kämpfenden Ritter. Dieses erinnert auf den ersten Blick der vorherigen Gruppierung und ist gleichzeitig vom originalen Harnisch auf der Heldburg kaum zu unterscheiden. So wird auf Objekte aus der eigenen Sammlung zurückgegriffen, während das Original geschützt bleibt.
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