St. Ägidius ist eine katholische Filialkirche in der Gemeinde Wald des Landkreises Cham in Ostbayern und liegt zwischen Wiesen und Feldern am Rande des kleinen Weilers Schönfeld. Die Kirche ist ein bedeutendes Denkmal der Gemeinde Wald und übertrifft in ihrer Größe und präzisen baulichen Ausführung alle anderen ländlichen Kirchen der Region aus der romanischen Epoche (1; 2).
Die Kirche wurde um die Zeit von 1160-1170 im hochromanischen Stil errichtet (1; 2). Typisch dafür sind ihre kleinen Rundbogenöffnungen, sowie ihr massives, geschlossen wirkendes Mauerwerk. Besitzer der Kirche waren im 12. und 13. Jh. die Herren von Schönfeld, eine Familie, die der Ministerialität der Regensburger Bischöfe angehörte und unter der Herrschaft der Babonen mit Burggraf Heinrich III. lebte. Von ihnen werden 1193-1240 Arnold von Schönfeld und 1210-1240 der Regensburger Domherr Dietrich von Schönfeld urkundlich genannt. Es wird darüber spekuliert, ob die Kirche evtl. Teil einer ehemaligen Burg war (3), allerdings finden sich dafür bislang keine Belege. Während der Kreuzzüge im 12. und 13. Jh. war die Kirche unter der Kontrolle des Templerordens (4), und fiel im Jahre 1282 zusammen mit der nahe gelegenen Burg Siegenstein unter die Verwaltung des bischöflichen Hochstiftes Regensburg (5). Im 15.-16. Jh. gehörte St. Ägidius den Herren von Prackendorf, welche auf Burg Siegenstein lebten. 1606 gelangte sie in das Eigentum des Hochstiftes Regensburg (6). Heute wird St. Ägidius jedoch nicht mehr für den regulären Gottesdienstbetrieb genutzt.
St. Ägidius ist eine einschiffige Saalkirche der Hochromanik, deren Langhaus von zwei Gewölbejochen überspannt wird und nach Osten in eine halbkreisförmige Apsis übergeht. Die Kirche verfügt über eine Unterkellerung, eine Westempore, sowie einen Dachboden. Heutzutage hat sie ein Walmdach mit einem Zwiebeldachreiter.
Die 1,85m – 2,1m dicken Außenmauern von St. Ägidius wurden mit Quadersteinen aus rötlich-grauem Granit, lokal auch „Rauchstein“ genannt, errichtet (1). Die Blöcke liegen auf feinen Fugen aus hellem Kalkmörtel auf. Im Inneren der Nord- und Westmauer befinden sich die beiden Innentreppen der Kirche, welche zur Empore und zum Dachstuhl führen. Viele der Blendquader weisen Steinmetzzeichen auf, von denen mindestens drei Varianten erkennbar sind. Das häufigste Zeichen bildet ein nach rechts gekipptes T mit aufspreizenden Enden, welches sich sowohl an der Außenmauer, als auch im Inneren der Kirche finden lässt. Weitere Zeichen im Innenraum sind ein horizontales I sowie Kreuze im Chorbogen. Auffällig ist eine ca. 3cm breite Vertiefung in einem sehr breiten Quader in der Mitte der Westmauer, wobei es sich möglicherweise um ein Zangenloch zum Anheben des Blockes handelt. Alle Mauerkronen sind heutzutage mit kleineren Steinen „geflickt“, was auf einen Abriss und Neubau des Dachgeschosses schließen lässt.
Die Kirche wird von der Südseite aus erschlossen, wo heutzutage eine Granittreppe mit elf Stufen von 1,84m Breite und zwei 0,5m breiten Treppenwangen zur Eingangstür führt. Mitte des 19. Jh. hatten die beiden obersten Treppenstufen eine größere Breite (1) und sind scheinbar wieder rückgebaut worden. Zudem scheint die Treppe mit dickerem Mörtel nachträglich an die Kirche angebaut worden zu sein.
1. Weininger 1861, 378.
Die 1,92m hohe Eingangstür wird von einem romanischen Halbkreis-Tympanon mit Kreuzrelief bekrönt, dass aus einem Stein herausgehauen wurde (1). Die aufgedoppelte Holztür hat außen ein Rautenmuster mit dekorativen Nagelköpfen, was in Süddeutschland typisch für die Epoche des Barock ist (2). Demnach dürfte sie etwa zwischen 1600 und 1770 entstanden sein. Verfüllte Mauerwerksvertiefungen hinter dem heutigen Türblatt deuten auf eine ehemalige Verriegelungsfunktion hin.
Im oberen Bereich der Südfassade befinden sich zwei unterschiedliche Fenster von jeweils 2,70m lichter Höhe. Während das kleinere linke mit Rundbogen, stark geschrägten Laibungen und Sturz eine Form der ersten, romanischen Bauphase aufweist, entstand das rechte Doppelfenster durch eine Pulversprengung der Mauer im Jahre 1809 um das ursprüngliche rechte Fenster zu vergrößern (1). Die Innenöffnung des älteren Fensterteils wurde zugemauert. Ein weiteres älteres Rundbogenfenster von 2,35m lichter Höhe befindet sich in der Mitte der Apsis. Alle Fenster weisen Gläser in Form von runden Butzenscheiben mit Metallfassungen auf.
1. Weininger 1861, 377f.
Im hinteren Bereich der Westmauer liegt in etwa 5m Höhe die heute zugemauerte Öffnung eines Emporenzugangs von 1,95m Höhe und 0,76m Breite. Über ihr liegt ein flaches dreieckiges Tympanon und im oberen Bereich der Zumauerung ein kleines Fenster mit Holzrahmen. Auf der Innenseite befinden sich beidseitig der Zumauerung rechteckige Vertiefungen im Mauerwerk, die für eine ehemalige Verriegelungsfunktion sprechen. Die Außentür zur Empore wurde zwischen 1446-1606 von den Herren von Prackendorf errichtet (1)(2), und vermutlich von einer hölzernen Außentreppe erschlossen.
St. Ägidius verfügt über ein einziges großes Hauptschiff von 10,80m Länge und 5,40-5,90m Breite, welches im Westen über eine Empore verfügt und im Osten in den Chorbogen übergeht. Der bis zu 8,45m hohe Innenraum des Langhauses verfügt über zwei Joche mit Kreuzgratgewölbe, welche durch einen Gurtbogen getrennt sind. Dieser ruht auf profilierten Kämpfern, die im Süden auf einem breiten Wandpfeiler und im Norden auf einer vorspringenden Wand aufliegen (1). In der Nordwand befindet sich vor der Empore über dem Bodenniveau eine rechteckige Öffnung von 1,90m Höhe und 0,61m Breite, welche zur Emporentreppe innerhalb der Mauer führt. Davor steht ein dreistufiger Treppenhocker. Zurzeit stehen Holzbänke in acht Reihen und ein Beichtstuhl unter der Empore auf einem Bodenbelag aus einfachen vernagelten Holzplanken.
Hinter dem 1,40m tiefen Chorbogen befindet sich die halbkreisförmige Apsis mit einer Öffnungsbreite von 3,80m, deren Fußboden ein zweistufiges steinernes Podest bildet. Sie wird von einer Halbkuppel mit 6,73m Höhe am Scheitelpunkt überwölbt, welche auf einem durchgezogenen Gesims aus Wulst und Platte aufsitzt. In der Mitte der Apsiswand befindet sich ein Rundbogenfenster, vor dem der Hochaltar mit einer Figur der Kreuzigung Jesu, sowie zwei Marienfiguren und vier Kerzen steht. Mitte des 19. Jh. enthielt die Apsis noch einen weiteren Marienaltar, sowie eine Kanzel an der Nordwand (1). Innerhalb des Chorbogens befinden sich beiderseits 0,5m breite quadratische Nischen, welche um 1400 einmal Figuren des heiligen Ägidius beinhalteten (2). Sie stehen heute zwar leer, dafür finden sich an der Westseite des Chorbogen größere Figuren der Maria mit dem Jesuskind, sowie des Heiligen Ägidius aus dem Ende des 15. Jh. (3).
Insbesondere der Chorbogen ist mit spätgotischen Fresken geschmückt (1), welche heute teilweise noch erkennbar sind. Auf seiner Nordseite befinden sich eine gemalte Darstellung der Kreuzigung Jesu, sowie ein dunkelrotes Weihekreuz rechts unten angrenzend. Mit einem Farbfilter kann man zusätzlich zwei weitere Heiligenfiguren sichtbar machen, welche auf dem hellen Hintergrund kaum noch erkennbar sind. Die gegenüberliegende Seite zieren im oberen Bereich eine Malerei des Heiligen Christopherus, sowie darunter zwei Weihekreuze (2). Diese symbolisieren die Konsekration (3), die Übertragung des Kirchenraumes in den sakralen Bereich durch eine liturgische Handlung (4). Ein weiteres Weihekreuz findet sich auf der rechten Seite der Apsiswand, nahe des Chorbogens.
Der Innenraum der Kirche wird heute komplett von einem weißen Farbanstrich bedeckt, doch darunter befinden sich noch eine Vielzahl weiterer Farbreste. Insbesondere sind Ocker, Dunkelblau, Beige-Orange, Dunkelbraun, Rot, Grün und Hellgelb als ehemalige Anstrichfarben noch zu erkennen. Im unteren Bereich der Nordwand kann man anhand brauner Farbkonturen noch die Umrisse früherer Bänke erkennen, welche einmal bis an die Wand reichten. Den unteren Bereich der Südwand dagegen zeichnen rechteckige Aussparungen im Wandanstrich aus, welche ebenfalls auf die Positionen ehemaliger Bänke hinweisen.
Auf der Westseite wird das Langhaus durch die 3,40m weit vorspringende Empore in einen unteren und oberen Raum unterteilt. Die Empore stützt sich auf zwei kräftige Rundbögen von 2,8m Höhe, zwischen denen sich ein breiter quadratischer Stützpfeiler befindet. Die Empore wird von zwei Kreuzgewölben mit verschliffenen Graten unterwölbt, welche durch einen Gurtbogen getrennt sind. Gurtbogen und Gewölbegrate liegen auf Kämpfern und Kragsteinen auf, welche im vorderen Bereich mit Wulst-und-Kehle-Profilen geschmückt, im hinteren Bereich jedoch sehr schlicht gehalten sind.
Der Emporenraum wird auf der Ostseite durch eine Brüstung mit Holzvertäfelung begrenzt, auf deren Außenflächen sich Reste mittelalterlicher Tafelmalereien von sechsstrahligen Sternen, gefüllten Rosen und doppelten vierpassförmigen Blüten befinden. Das Sternsymbol steht dabei für Licht und Segen und ist Sinnbild von Christus oder seiner Mutter (1). Die Rose ist ein Sinnbild für Liebe, Erbarmen und Gebete, und soll den Teufel aus Besessenen vertreiben (2). Die Form des Vierpasses symbolisiert die Einheit der vier Evangelisten, sowie das Eingehen in den Himmel nach dem Tod (3). Auf der Empore befinden sich vier Holzbänke mit ansteigenden Höhen und ein Holzschrank, sowie eine rechteckige 0,67m * 0,5m große Nische in der Westwand.
Von der Öffnung in der Nordwand des Langhauses aus führt die erste Treppe innerhalb der Nordmauer zur Empore. Die Treppe hat elf Stufen und wird von einem zweiteiligen ansteigenden Tonnengewölbe überwölbt. Rechts neben der oberen Plattform gibt es eine quadratische Maueröffnung von 0,68m Breite, welche zu einer kleinen runden Lichtöffnung von ca. 0,15m Durchmesser führt. Gegenüber befindet sich der Zugang zur Empore. In der benachbarten Westwand fürt eine 2,44m hohe Rundbogenöffnung in die Westmauer hinein, an deren Ende die zugemauerte Emporenöffnung liegt. Auf der linken Seite führt die zweite Treppe mit 17 Stufen und ansteigendem Tonnengewölbe in den Dachstuhl.
Die heutige Dachkonstruktion, welche vermutlich in der Mitte des 19. Jh. zusammen mit dem neuen Dachreiter entstanden ist (1), hat die Form eines Walmdaches und ist als Kehlbalkendach ausgeführt. Jedes der sieben ganzen Gespärre verfügt über einen Kehlbalken, ca. 2,40m über dem heutigen Laufniveau. Jedes zweite ist ein Vollgespärre mit einem stehenden Stuhl. Die Stuhlsäulen werden durch Kopfstreben in zwei Richtungen gestützt. Die Dachhölzer werden mit nagellosen Verbindungen wie Verzapfungen, Verblattungen, Verkämmungen und Holzstiften zusammengehalten. Im vorderen Dachstuhlbereich ist eine historische Seilwinde mit der Dachkonstruktion verbunden. Auf den Sparren liegen Dachlatten, welche die Dachhaut mit Holzschindeln tragen, zwischen denen es auf der West- und Nordseite kleine Dachfenster gibt. Auf dem westlichen Firstende des Daches sitzt ein goldenes Ei mit dem Christusmonogramm XP.
Das heutige halbkegelförmige Apsisdach ist für seine Breite von ca. 6,7m mit 2m Höhe ungewöhnlich niedrig, und auch die Dachhaut scheint nachträglich angepasst worden zu sein. Anhand von anderen Vergleichsbeispielen für romanische Halbkegeldächer, sowie der gänzlich erneuerten Mauerkrone, kann man vermuten, dass dieses Dach ursprünglich einmal höher gewesen sein muss. Ein höheres Apsisdach hätte jedoch einen Giebel auf der Ostmauer benötigt, sodass man hier möglicherweise ein usprüngliches Satteldach rekonstruieren kann. Das Dachgeschoss diente früher als profanes Obergeschoss, und hatte vermutlich eine Funktion als Zufluchtsort für abtrünnige Geistliche (1).
Der Dachreiter hat eine sechseckige Holzkonstruktion, welche auf sternförmig angeordneten Hölzern steht und unten durch Fußstreben gestützt wird. Über dem Dachfirst befinden sich auf jeder Seite des Dachreiters fünf schmale Lüftungsöffnungen. Darüber steht ein barockes Zwiebeldach mit Schindeldeckung, auf dessen Spitze sich ein goldenes Ei und eine flache Form eines Hahns befinden. Die Figur des Hahns steht für Wachsamkeit und Treue, sowie die Verbindung der Gläubigen zu Christus (1). Der Dachreiter mit Zwiebeldach wurde 1853 neu auf das Dach gesetzt, sowie 1849 eine Glocke umgegossen (2). Die letzte Restaurierung des Dachreiters fand 1970-80 statt (3). Da Zwiebeldächer erst Ende des 15. Jh. in Erscheinung traten (4), musste der Dachreiter ursprünglich einmal eine andere Dachform gehabt haben. Denkbar wäre ein einfaches sechseckiges Spitzdach.
Das Kellergeschoss hat keine Treppe, sondern kann lediglich über eine rechteckige Öffnung im Boden, kurz vor der Eingangstür, durch eine Leiter erreicht werden. Es ist mit 10m * 5,8m ähnlich groß wie das Langhaus, jedoch mit einer Deckenhöhe von 1,75m sehr niedrig. Im Inneren befinden sich in der Nordwand zwei und in der Südwand eine rechteckige Öffnung von 0,85m Höhe und 0,7m Breite, die durch das Mauerwerk verschmälert zu Schlitzöffnungen ohne Verglasung führen. Maueraussparungen und -Vertiefungen in den Schachten zeugen von einer früheren Verriegelungsfunktion. Zwei Mauerzungen und eine quadratische Stütze unterhalb der Emporenstütze bilden Fundamente zur Lastabtragung. In der Ostmauer herausgebrochene Mauersteine, sowie Rußflecken und verkohlte Balken sind vermutlich auf einen Brand zurückzuführen.
DEHIO 1991
G. Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Bayern V: Regensburg und die Oberpfalz, (Darmstadt 1991).
ERNST 2003
B. Ernst, Burgenbau in der südöstlichen Oberpfalz vom Frühmittelalter bis zur frühen Neuzeit, Arbeiten zur Archäologie Süddeutschlands. Band 16 (Büchenbach 2003).
LANGENBECK 1998
F. Langenbeck, Türen, Schlösser und Beschläge als historisches Baumaterial. Ein Materialleitfaden und Ratgeber (Suderburg-Hösseringen 1998).
MUIR 2019
D. J. Muir, Templars. Who Were They? Where Did They Go? Vol. 2 of 2 (North Carolina 2019).
WEININGER 1861
H. Weininger, Die alte Kirche zu Schönfeld in der Oberpfalz, Westermanns Illustrierte Deutsche Monatshefte Nr. 52, 1861, 376-378.
WEITERE LITERATUR
DEHIO 1908
G. Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Band 3 Süddeutschland (Berlin 1908).
JACOB 1982
R. Jacob, Vorromanische und romanische Sakralarchitektur in der Oberpfalz, Weidner Heimatkundliche Arbeiten Nummer 19, (Weiden 1982).
LAMPL 1986
S. Lampl, Denkmäler in Bayern. Band III Oberpfalz (München 1986).