Burgruine Neurandsberg

Die Rekonstruktion des äußeren Zwingers

Der äußere Zwinger dient als zusätzliche Verteidigungslinie der Kernburg. Dieser Bautyp entsteht vermutlich als Gegenmaßnahme für Schwarzpulverwaffen, die sich im 15. Jahrhundert mehr und mehr durchsetzen. Wie auch viele andere Burgen und Städte der Region, erhält Neurandsberg eine Ergänzung der Verteidigungsanlagen um einen äußeren Zwinger. Dieser Bautyp kann sich jedoch nicht dauerhaft durchsetzen, da er gegen die aufkommenden Schwarzpulverwaffen keinen Bestand hat. Dies zeigt auch die Zerstörung der Neurandsberger Burg durch die Schweden 1633.

Torzwinger & Torturm

Ein Torhaus oder Torzwinger ist essentiell für ein Haupttor, welches zur Kernburg führt. Häufig wird ein entsprechendes Torhaus durch flankierende Türme geschützt, oder selbst als Torturm errichtet. Die Wegführung ist grundlegend für den Standort der Torbauten, welche in Neurandsberg bisher nicht eindeutig nachgewiesen sind. Beim vermuteten Haupttor im Südosten der Ringmauer sind keine Fundamente vorzufinden, wobei für einen Torneubau für gewöhnlich Fundamente eingeplant sind. Folglich handelt es sich hier um eine jüngere Baumaßnahme. Die Lage und Ausführung der ursprünglichen Torbauten Neurandsbergs sind ungeklärt.

Eine Variante für den Standort von Torbauten ist aufgrund der historischen Wegführung im Südosten zu erwarten. Die Grundrisse der Jahre 1920 und 1929 deuten auf eine entsprechende Wegführung in diesem Abschnitt hin. So ist ein direkter Anschluss zum heutigen Haupttor möglich, welches vermutlich dem späteren Burgenbau entsprach, wie es auch in der Zeichnung der Ruine von 1867 zu identifizieren ist. Bauliche Änderungen an der Ruine gab es vermutlich erst während der Ruinensicherungen 1970.

So kommen an dieser Stelle im Südosten für die Rekonstruktion zwei Torbauten in Frage. Der erste Torbau für den äußeren Zwinger und der Zweite für die Kernburg. Die Staffelung von Torbauten und Torzwingern auf dem Hauptweg zur Burg ist durchaus gängig, wie z.B. auch in Donaustauf mit sechs Torbauten hintereinander. Beim ersten rekonstruierten Torbau handelt es sich um den angedeuteten Rechteckbau der äußeren Zwingermauer im Südosten, ähnlich wie der Bau der im Grundriss von 1920  angedeutet ist. Der zweite rekonstruierte Torbau steht vor dem heutigen Haupttor und erschließt somit die Kernburg. Die heute noch existierende Quermauer beim Tor, sowie die Zeichnung der Ruine von 1867 lassen dies vermuten.

In der Zeichnung wird die Torsituation im ähnlichen Zustand wie heute dargestellt. Dabei ist die östliche Quermauer beim Haupttor mit einem Geschoss mehr und Fenster erhalten. Hierbei könnte es sich um die Wand eines Randhauses des Zwingers oder eines Torbaus handeln. Allerdings ist die südliche Segmentbogennische der Wand in der Zeichnung nicht vorhanden, ebenfalls ein diskutierbares bauliches Merkmal für einen Tordurchgang.

Eine Erklärung für das Fehlen der Bauten im Südosten der Burg lässt sich vermutlich durch die Steinentnahme für den Bau der Wallfahrtskirche Mariä Geburt und durch einen vermeintlichen Steinraub für die Siedlungsbauten der Umgebung erklären. Auffällig ist das Abbleiben von Quadersteinen, welche für gewöhnlich aus konstruktiven Gründen bei Gebäudeecken vorzufinden sind. Die (umstrittene) Zeichnung rechts aus dem Jahre 1577 zeigt einen entsprechenden Torbau.

Anmerkung:

Die Zeichnung von 1577 zeigt, neben der Karte von Apian von 1568, als einzige zeitgenössische Darstellung die intakte Burg Neurandsberg. Sie ähnelt kaum der Ruine von heute und ist entsprechend umstritten. Unter der Annahme, dass es sich hier doch um eine Darstellung der Burg handelt, wenn auch verfälscht, lassen sich daraus verschiedene Rückschlüsse auf die Bauphasen und die Rekonstruktion ziehen.

Es müsste sich um eine Westansicht der Burg handeln. Dabei ist links in der Zeichnung die nördliche Kernburg mit Wohnturm zu sehen und rechts davon ein südlicher Torzwinger mit Turm. Der Torzwinger erschließt den südlichen, leicht fallenden Zuweg zur Burg, rechts in der Zeichnung. Die Darstellung der Kernburg mit Wohnturm, sowie des Zuweges könnten durchaus der heutigen Situation entsprechen. Jedoch sind von den südlichen Bauten, dem Torzwinger als auch dem Turm, heute höchstens Spuren zu erahnen. Der Turm hinter dem Torzwinger lässt sich nicht eindeutig zuordnen. Er dient jedoch sicherlich der Verteidigung des Torzwingers, wenn er nicht selbst Teil dessen ist.

Auffällig ist außerdem das Abbleiben der äußeren Zwingermauer mit Schalentürmen, obwohl diese aufgrund ihrer Konstruktionsweise zum Zeitpunkt der Zeichnung schon existiert haben müsste. Außerdem ist die Kapelle St. Maria nicht dargestellt, wobei sie auf der uneinsehbaren gegenüberliegenden Ostseite der Burg lag.

äußere Randhäuser

Auf der äußeren Seite der inneren Ringmauer im Osten befinden sich Mauerwerksansätze vermuteter Randhäuser und Quermauern des äußeren Zwingers. Dort sind drei Ziegelsteinnischen in die Außenseite der Ringmauer der Kernburg gearbeitet. Diese wurden bei jüngsten Baumaßnahmen entfernt und zugemauert. Eine Vermutung ist, dass es sich hier um den Einbau der drei Gefängniszellen aus dem Jahr 1582 handelt, wobei hier eine Verwechslung der Himmelsrichtungen Ost und West, nach der eigentlichen Überlieferung, vorliegen müsste. Der Anbau von Gefängniszellen südwestlich des Bergfrieds konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Bei den zwei südlichen Mauerwerksansätzen könnte es sich stattdessen auch um weitere Zwingermauern handeln, so wie sie in der Rekonstruktion dargestellt sind.

Im nördlichen Bereich des östlichen Zwingers ist ein Randhaus rekonstruierbar. Das Mauerwerk verläuft parallel hinter der äußeren Zwingermauer und überschneidet den dortigen Schalenturm. Das Randhaus kann über ein Portal mit ursprünglicher Segmentbogenlaibung aus Ziegeln im Nordosten der Kernburg erreicht werden.

 

Äußere RIngmauer

Die Äußere Zwingermauer ist noch in einigen Abschnitten mit fünf Schalentürmen erhalten. Im Norden und Nordosten ist die Mauer besser erhalten als im Süden und Südwesten. Hier lässt sich noch die ursprüngliche Höhe des Wehrgangs aufgrund der Konstruktionsauflagerstufe erahnen.

Im Süden und Südwesten dagegen finden sich nur noch lose Mauerwerksreste, der Verlauf lässt sich hier nur noch anhand der Topgrafie und der historischen Lagepläne rekonstruieren. Zur Unterstützung der Rekonstruktion dienen die verschiedenen Grundrissdarstellungen aus den Jahren 1867, 1920, 1929 und der Uraufnahme des 19. Jahrhunderts. Hier wurden zwei Schalentürme im Süden, sowie der rechtwinklige Abschluss im Südosten übernommen. An der Position des rekonstruierten westlichen Schalenturms im Süden sind heute noch Fundamentüberreste eines größeren Baus zu erkennen. Auch beim östlichen Schalenturm im Süden ist ein Mauerwerksansatz vorzufinden.

Der östliche Abschnitt wurde im ruinenhaften Zustand um 1700, wegen Gefährdung der Kirche unterhalb, abgetragen. Die äußere Zwingermauer ist im Südosten beim Tor an die ältere Quermauer stumpf angemauert, ein Hinweis auf eine spätere Bauphase.

Hier geht es weiter zur Kernburg:

Adresse
Burg Neurandsberg
94371 Rattenberg

Weitere Informationen
www.burg-neurandsberg.de